Scharfer Verstand, präzise Analyse, verständliche Sprache – das waren Markenzeichen von Wolfgang Schäuble. Aber auch ein stetes Sich-Zusammenreißen zählte dazu. Ein Nachruf von Thomas Fricker.
Ein schmuckloser Zweckbau im Bonner Tulpenfeld, Mitte der neunziger Jahre. Wolfgang Schäuble, zu dieser Zeit Chef der Bundestagsfraktion von CDU/CSU, ärgert sich im Hintergrundgespräch mit einer Handvoll Journalisten darüber, dass in der Republik vieles, aus seiner Sicht zu vieles, schleppend vorangeht – weil bürokratievernarrte Ministerialbeamte ständig neue Paragraphen ersinnen und der deutsche Otto-Normalo sein höchstes Glück als Prozesshansel zu finden scheint. Die Klageflut durch die Instanzen, gleich ob es ums Verhindern einer Autobahn oder den Gartenzaun des Nachbarn geht – sie ist Schäuble ein Graus. "Man sollte Rechtsschutzversicherungen verbieten", knurrt er. ...