"Es muss glaubhaft aussehen"

TICKET-INTERVIEW: Der Schauspieler Rupert Friend über Schießeisen, Berlin und seinen neuen Film.

Als Peter Quinn schreibt Rupert Friend Fernsehgeschichte: Die Kultserie "Homeland" geht in die fünfte Staffel mit Dreharbeiten in Berlin. Ebenfalls in der Hauptstadt entstand der neue Actionthriller "Hitman: Agent 47" mit Friend in der Hauptrolle. Markus Tschiedert sprach mit dem 33-Jährigen.

Ticket: Bisher sah man Sie im Kino vor allem in Historiendramen. Wollen Sie sich als "Hitman" jetzt ein neues Image verpassen?
Friend: Tja, ich weiß auch nicht, wie man auf mich gekommen ist. Wahrscheinlich war’s ein Fehler, und man sollte mich weiter Historienfilme drehen lassen. Nein, die Wahrheit ist, dass der Mythos von Hollywood, wo bestimmt wird, wer für welche Rollen geeignet ist, nicht stimmt. Filmemacher sind Individuen, die ihre Entscheidungen nach Bedarf, Budget und eigenem Geschmack treffen.
Ticket: Bekamen Sie ein spezielles Training, um sich an die Handfeuerwaffen, die Sie im Film benutzen, zu gewöhnen?
Friend: Ich nahm sie täglich mit nach Hause. Das stimmt wirklich! Von den vier Spezialanfertigungen wurden mir zwei überlassen, um mit einem mir zur Seite gestellten Waffenmeister zu üben. Wir haben etliche Stunden miteinander verbracht, in denen ich lernte, wie man eine Waffe auseinandernimmt und zusammensetzt, wie man schießt und gleichzeitig mit Händen und Füßen kämpft. Das sollte so selbstverständlich aussehen, als würde ich mir die Zähne putzen.
Ticket: Wie wohl fühlten Sie sich mit den Waffen?
Friend: Mein Job ist es, es glaubhaft aussehen zu lassen. Dabei berufe ich mich auf meine Vorstellungskraft, was nicht heißt, dass ich das, was ich mir vorstelle, auch praktisch umsetzen könnte. Das muss man üben, aber das gehört nun mal zu den Aufgaben eines Schauspielers.
Ticket: Welche Einstellung haben Sie persönlich zu Waffen?
Friend: Ich billige es nicht, dass man Menschen für Geld umbringt. Aber hier spiele ich jemanden, der das tut. Dabei kam es darauf an, es glaubwürdig erscheinen zu lassen.
Ticket: Besitzen Sie selbst eine Waffe, oder gehören Sie einem Schützenverein an?
Friend: Ich bin Engländer, und wir Engländer hauen unsere Gegner mit einem Stock zu Boden und schießen ihnen nicht ins Gesicht.
Ticket: Ein Großteil von "Hitman" wurde in Berlin gedreht, die fünfte Staffel von "Homeland" entstand ebenfalls hier. Fühlen Sie sich schon wie ein Berliner?
Friend: So weit würde ich nicht gehen, aber wenn man fast zwei Jahre hier gelebt hat, lernt man die Stadt ziemlich gut kennen. Für "Hitman" mussten wir manchmal so tun, als wären wir in Singapur, was bizarr war. "Homeland" indes spielt wirklich die ganze Zeit in Berlin, ohne jetzt zu viel verraten zu wollen.
Ticket: Dann müssten Sie doch jetzt die deutsche Sprache etwas verstehen oder gar sprechen...
Friend: Am Set schnappte ich einiges auf. Da gibt es doch diesen wunderbaren Spruch: "Ich glaube, mein Schwein pfeift." Ich fragte, was das bedeutet, und erfuhr, dass man den Spruch verwendet, wenn einem etwas unglaubwürdig vorkommt. Da fragte ich wieder nach, was das mit einem Schwein zu tun hat. Aber mit Logik kommt man da nicht weiter.
Ticket: Haben Sie in Berlin denn eine eigene Wohnung?
Friend: Ja, jetzt im Westen von Berlin. Während der Dreharbeiten zu "Hitman" im letzten Jahr lebte ich im Ostteil. Das nenne ich einen diplomatischen Wechsel.
Ticket: Einen optischen Wechsel könnte man den Verlust Ihrer Haare als Hitman bezeichnen. Ist es Ihnen schwergefallen, für die Rolle Ihren Kopf zu rasieren?
Friend: Das ist mir nicht schwerer gefallen, als für eine Rolle abzunehmen oder einen Schnurrbart wachsen zu lassen. Ein Teil unseres Schauspieljobs ist nun mal die Verwandlung. Man verändert für jede Rolle ebenso seine Stimme, seinen Gang und seine Kleidung.
Ticket: Haben Sie sich selbst den Kopf rasiert?
Friend: Nein, das habe ich lieber Leuten überlassen, die das richtig können. Außerdem habe ich als Hitman dieses Barcode-Tattoo im Nacken. Das musste mir jeden Morgen neu aufgetragen werden.
Ticket: Tom Cruise lässt sich in Actionszenen so gut wie nie doubeln. Hat es Sie auch gereizt, für so viel Action wie möglich selbst vor der Kamera zu stehen?
Friend: Ich habe so gut wie alles selbst gemacht, das hatte ich von Anfang an zur Bedingung gemacht. Es hätte für mich keinen Sinn ergeben, einen Actionfilm zu drehen und mich dann in meinen Wohnwagen zu verkriechen, wenn es ernst wird.
Ticket: Versicherungstechnisch ist das aber nicht immer möglich...
Friend: Das stimmt, es gab ein oder zwei Dinge, die mir strikt untersagt wurden. Dazu gehört die Szene, in der ich von Zachary Quintos Figur gegen eine Wand geknallt werde, weil ich mir dabei das Schlüsselbein hätte brechen können. Und genau das ist dem Stuntman passiert, der mich für die Szene doubeln musste.
von tsc
am Mi, 26. August 2015

HITMAN: AGENT 47

Regie: Aleksander Bach

Mit Rupert Friend, Hannah Ware, Zachary Quinto, Thomas Kretschmann, Ciarán Hinds und anderen
97 Minuten, frei ab 16 Jahren.

Die Story
Katia (Hannah Ware) ist auf der Suche nach ihrem Vater und gleichzeitig auf Flucht vor einem Auftragskiller, der schlicht Agent 47 (Rupert Friend) genannt wird. In Berlin scheint sie im letzten Moment von John Smith (Zachary Quinto) gerettet zu werden. Doch er ist nicht der Freund, für den er sich ausgibt und Agent 47 nicht Katias Feind. Wem kann sie trauen?  

Autor: bz

Badens beste Erlebnisse