BZ-Interview

Zwei-Sterne-Koch Peter Hagen: "Ich bin bekennender Wurstesser"

Der Europa-Park in Rust beherbergt als einziger Freizeitpark weltweit ein Zwei-Sterne-Restaurant. Peter Hagen führt im "Ammolite" seit 2012 Regie. Jetzt kommt er zur BZ-Genussnacht auf der Plaza Culinaria in Freiburg.

Am Samstag kommt der 38-Jährige zur BZ-Genussnacht auf die Plaza Culinaria. Mit Joachim Röderer hat sich Peter Hagen über die Atmosphäre in seiner Küche, über Trends am Herd, Kinder im Restaurant, über ein Malheur bei einem früheren Europa-Park-Besuch und über die legendäre Wurst vom Münstermarkt in Hagens Wahlheimat Freiburg unterhalten.

BZ: Herr Hagen, Sie wohnen als gebürtiger Österreicher in Freiburg. Merkt man noch, dass die Stadt fast 500 Jahre zu Österreich gehörte?
Hagen: (lacht) Das hätt’ ich gerne… Nein! Ich komme ja aus Vorarlberg und das ist ja recht nah an Baden-Württemberg. Es ist nicht fern von meiner Heimat, auch wie die Menschen hier sind, dass der Genuss ein bisschen zelebriert und gelebt wird. Das ist schön, dass ich das hier so vorfinde.
"Wir haben ja ein offenes Küchenkonzept. Da wird nicht geschrien."
BZ: Sie haben in der Traube-Tonbach in Baiersbronn gelernt. War Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt der Chef, der Sie am meisten geprägt hat?
Hagen: Harald Wohlfahrt war natürlich eine sehr wichtige Etappe. Aber trotzdem war es für mich eher nur eine Durchlaufstation. Am meisten geprägt hat mich meine Zeit in Portugal. Das "Vila Joya" war ja damals das einzige Zwei-Sterne-Restaurant im ganzen Land. Es ist natürlich auch ein Österreicher, der dort kocht. Das hat mir sehr viel gegeben – nicht nur vom Kochen her, sondern einfach von der Liebe zum Beruf, der Liebe zum Produkt. Es ging da auch um die Besessenheit, die Verrücktheit, die man braucht, um den Beruf ausüben zu können.

BZ: Stichwort Besessenheit: Es gibt da ja viele Geschichten von großen Köchen. Fliegen bei Ihnen im Leuchtturm in Rust auch Pfannen durch die Küche?
Hagen: Nein, bei uns im Leuchtturm geht es sehr gediegen zu. Wir haben ja ein offenes Küchenkonzept. Da wird nicht geschrien. Natürlich fällt schon mal ein lautes Wort, das braucht’s auch. Einer muss den Ton angeben, das ist überall so. Auch im Fußball gibt es einen Kapitän, der die Richtung vorgibt. Sonst rennt jeder woanders hin und dann klappt es nicht.

BZ: Sie haben in bekannten Sternerestaurants gearbeitet. Wie haben die Kollegen reagiert, als Sie sagten, Sie gehen nach Rust in einen Freizeitpark?
Hagen: Da hab’ ich schon den einen oder anderen Spruch gehört: Ob ich jetzt der Privatkoch von der Euromaus werde. Das wurde schon belächelt. Aber die, die damals gelacht haben, stehen heute mit einer langen Nase bei mir im Garten und denken: Hätt’ ich es doch nur selber gemacht! Es ist schon ein interessantes, aufregendes Projekt. Aber dass es so gut läuft, das hätten wir auch nicht direkt gedacht.

BZ: Als Vorarlberger kannten Sie ja den Europa-Park aus Ihrer Jugend, oder?
Hagen: Ja, ich war als Kind schon hier. Später unternahmen wir dann einmal einen Ausflug mit dem Fußballclub. Da habe ich mein ganzes Geld in der Spielhölle verprasst und dann war nichts mehr übrig, um was zum Essen zu kaufen. Das war eine harte Erfahrung, aber ich habe daraus gelernt. Und jetzt hol’ ich mir’s wieder. (lacht)
"Ich bin der Zwei-Sterne-Koch in Deutschland, der die meisten Kinder bekocht!"
BZ: Sie hatten ganz schnell die zwei Sterne beisammen. War das Ihr Ziel?
Hagen: Natürlich, sonst tut man sich das vorher nicht an. Wir hatten aber nicht die Vorgabe: So, nächstes Jahr muss es klappen! Wir wollten einfach einmal schauen, wie es angenommen wird, ob es Sinn macht. Es hat sich schon gezeigt, dass Thomas Mack da das richtige Gespür hat. Der Erfolg liegt auch daran, dass wir eine sehr gute Truppe haben, mit der ich auch schon früher gearbeitet hatte. So mussten wir auch nicht bei null anfangen. Wir haben nur ein bisschen Zeit gebraucht, unseren eigenen Weg zu finden.

BZ: In Gourmetrestaurants geht es in der Regel sehr gediegen zu. In Freizeitparks mit Familienorientierung ist alles legerer. Wie passt das zusammen?
Hagen: Ich glaube, ich bin Deutschland der Zwei-Sterne-Koch, der die meisten Kinder bekocht. Klar ist das manchmal sehr schwierig für uns. Weil wir ein sehr kleines Restaurant sind, das auch wirtschaftlich sein muss. Aber wir sehen schon das Potenzial, das wir haben, viele Gäste an diese Art der Gastronomie heranzuführen. Zu uns kommen schon mal Leute, die in der Stadt nicht in Gourmetrestaurants gehen würden. Sie besuchen den Park, werden neugierig und kommen rein, weil die Hemmschwelle genommen wird. Bei uns ist es nicht so klassisch steif, wie man sich das vorstellt.
Simpel, einfach, skandinavisch, hohe Produktqualität.
BZ: Was sind die aktuellen Trends in der Gourmetküche?
Hagen: Die Welle der Molekularküche ist abgeritten. Jetzt geht es in die Richtung alte Gemüsesorten. Simpel, einfach, skandinavisch, hohe Produktqualität.

BZ: Ein Kritiker hat über den Gut-und-einfach-Trend gesagt: Jetzt seien die Köche, die wirklich kochen können, gefragt.
Hagen: Wenn man wenig macht, darf man noch weniger Fehler machen. Das fällt sofort auf! Wir werden bei der Plaza Culinaria etwas mit Rote Bete zeigen, das ist ein Gemüse, das ich sehr gerne mag. Klar ist: Wenn du nur Rote Bete machst, dann muss es sitzen.

BZ: Wie Sie sind von Ihrer alten und von der neuen Heimat beeinflusst? Spielen Vorarlberg und Baden bei Ihnen in der Küche eine Rolle?
Hagen: Klar, spielt das mit rein. Ich bin ein bekennender Wurstesser, auch wenn das gerade schwierig ist. Das Deftige, Geräucherte und alles, was nicht gesund ist, das liebe ich. Das merkt man meiner Küche auch an, die oft sehr reich und mit den Aromen auch mal sehr kräftig ist.

BZ: Hat Sie die WHO-Warnung zu Wurst und rotem Fleisch hart getroffen?
Hagen: Das war ja nichts Neues. Die Menge macht’s da. Für mich hatte das immer was mit Genuss zu tun.

BZ: Sie wohnen in Freiburg. Schon mal auf dem Münsterplatz an einem Stand was probiert?
Hagen: Ja, natürlich. Die Weiße mit Zwiebeln, die find’ ich ganz gut.
Daheim bin ich kochfaul. Da muss schon eher die Freundin ran.
BZ: Wer kocht eigentlich bei Ihnen daheim?
Hagen: Daheim bin ich kochfaul. Da muss schon eher die Freundin ran. Aber die macht das ganz gut. Sie ist sehr talentiert. Und meine schärfste Kritikerin!

BZ: Wird man als Sternekoch eigentlich auch mal bei Freunden zum Essen eingeladen. Oder traut sich da keiner?
Hagen: So oft wird man nicht eingeladen, das stimmt. Aber die Freunde, die mich kennen, die wissen, dass ich nicht hart im Urteil und mit wenig zufrieden bin. Gut gekochte Hausmannskost ist etwas Wunderbares, damit macht man mir ganz viel Freude. Nur wenn jemand einfach ein paar Tüten aufreißt, dann könnten wir schon ein paar längere Diskussionen bekommen.
Zur Person

Peter Hagen wurde in Hard bei Bregenz in Vorarlberg geboren. Er hat unter anderem in den "Schwarzwaldstuben" in der Traube-Tonbach bei Harald Wohlfahrt gekocht, in der "Vila Joya" bei Dieter Koschina in Albufeira und bei Peter Knogl im "Cheval Blanc" in Basel. Der 38-Jährige lebt in Freiburg, wo seine Lebensgefährtin am Graduiertenkolleg der Uni promoviert.

BZ-Genussnacht auf der Plaza Culinaria

Die Genießermesse Plaza Culinaria startet am Freitag auf dem Messegelände Freiburg. Rund 360 Aussteller präsentieren sich in den vier Messehallen. Erstmals gibt es auch einen Food Truck Market, zu dem ein Dutzend Food Trucks erwartet werden. Im Rahmenprogramm tritt unter anderem Sterne- und Fernsehkoch Ali Güngömüs auf.
Die Badische Zeitung veranstaltet am Samstag, ab 18 Uhr, die BZ-Genussnacht mit diversen Sterneköchen, Winzern, Hausbrennern, Kabarettisten und mehr. Das Genussnacht-Programm:

Ab 18 Uhr mit dabei sind Ben Kindler (Bensels Kochschule), Wilhelm Rinklin (Naturkost), Katharina Goetjes (Breitenwegerhof Eichstetten), Peter Hagen (Zwei-Sterne-Koch im "Ammolite", Rust) und Franziska Schätzle (Weingut Schätzle, Schelingen).
Ab 20 Uhr: Douce Steiner (Zwei-Sterne-Köchin "Hirschen", Sulzburg), Michael Wissing (Food Fotografie), Peter Berg (Gärtnerei Berg/Demeter, Binzen), Joachim Heger (Weingut Dr. Heger, Ihringen).
Ab 21 Uhr: BZ-Herausgeber Christian Hodeige mit Kabarettist Matthias Deutschmann: "Der eine kocht, der andere kocht über."
Ab 21.40 Uhr: Hans-Peter Trautwein (Weingut Trautwein, Bahlingen), Friedrich Keller (Weingut Schwarzer Adler, Oberbergen), Martin Frey (Weingut Frey, Denzlingen), Otto Rees (Ringlihof, Horben), Fritz Zehner (Sternekoch, Zehners Stube, Pfaffenweiler).
Ab 22.30 Uhr: Fridolin Baumgartner (Hausbrennerei Baumgartner) und Iris Kader (Iris Dry Gin, Schollerhof, Gallenweiler).
Öffnungszeiten: Freitag von 14 bis 23 Uhr, Samstag von 10 bis 23 Uhr, Sonntag von 10 bis 20 Uhr.
Eintrittspreise: Im Vorverkauf 9 Euro, an der Tageskasse 12 Euro, ermäßigt (zum Beispiel mit der BZ- Card) 9 Euro. Happy Hour am Sonntag ab 18 Uhr 4,50 Euro.

Weitere Infos
im Internet unter http://www.plaza-culinaria.de

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von Joachim Röderer
am Fr, 06. November 2015 um 11:24 Uhr

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