Programm

Freiburger Jazzfestival 2015: Ausflüge in die Popmusik

Das Programm des Freiburger Jazzfestival schlägt 2015 wieder einmal an vielen Stellen die Brücke vom Jazz zum Pop. Wie immer beginnt es am Samstag mit Kneipenjazz, es folgen sieben Veranstaltungstage mit zwölf Konzerten und zwei Filmen. Der Sonntag hat einige Eckpunkte unter die Lupe genommen.

Andreas Schaerer vom Trio Rom Schaerer Eberle wird in der Ankündigung des Jazzfestivals schlicht unter "Gesang" notiert. Aber das wird der Sache nicht gerecht. Denn Schaerer ist auch für die "Human Beats" zuständig und übernimmt mit seiner Stimme Percussion, Bass, Schlagzeug und einige Special Effects.

Was er mit seinen österreichischen Kollegen, dem Gitarristen Peter Rom und dem Trompeter und Hornisten Martin Eberle auf den großen Jazzbühnen Europas fabriziert, ist eigenwillig und bisweilen ziemlich humorig, jagt durch diverse Kulturkreise und nimmt einige Male auch das eigene Metier aufs Korn (Sonntag, 20. September, 20 Uhr, Jazzhaus).

Das Gasthaus Schützen war schon bei den vergangenen Jazzfestivals gerne der Spielort für "klassischen" Modern Jazz, der ohne populistische Experimente auskommt. An selber Stelle zeigt dieses Jahr auch das in Wien beheimatete Stephan Plecher Trio (Montag, 21. September, 20.30 Uhr), dass Jazz jung sein und Power haben kann, ohne sich deshalb groß anderen Genres andienen zu müssen.

Wer klassische Gitarre spielt, kennt John Dowland, seine Kompositionen aus der Renaissance gelten als Grundlage der mitteleuropäischen Zupfinstrumente-Kultur. Und daraus wollen Christian Muthspiel 4 feat. Steve Swallow nun Jazz machen? Wer sich Aufnahmen von Muthspiel (Posaune, Piano) Matthieu Michel (Trompete und Flügelhorn), Franck Tortiller (Vibraphon) und Steve Swallow (Elektrobass) anhört, der stellt fest, dass man die uralte Kammermusik tatsächlich in die Freiheit der Improvisation entlassen kann. Aber das Quartett hält sich streng an die historische Vorgabe, was beim Zuhörer die Bereitschaft voraussetzt, aufmerksam bei der Sache zu sein (Dienstag, 22. September, 20 Uhr, Jazzhaus).

Le Bang Bang meets Martin Kälberer bedeutet eigentlich, dass sich Le Bang Bang ein wenig von dem reduzierten Prinzip verabschieden, das sie groß gemacht hat. Bislang spielten Stefanie Boltz (Gesang) und Sven Faller (Kontrabass) schlicht als Duo, und für diese selbst im Jazz spartanische Besetzung arrangierten sie AC/DC, Oasis und Radiohead genauso um wie genre-nähere Songs von Duke Ellington oder Billie Holiday. Jetzt ergänzt der ausgezeichnete Pianist Martin Kälberer das Trio, was dem Projekt vielleicht ein wenig das Extrem nimmt – dafür aber mehr Variation ermöglicht (Mittwoch, 23. September, 20 Uhr, Jazzhaus).

Khalifé Schumacher Tristano bedienen sich in Jazz und Klassik, schaffen am liebsten aber rhythmische Muster, die aus den Schlaginstrumenten und den oft loop-artig wirkenden Klangfolgen von Tasten und Vibraphon entstehen.

Das bedient die Hörgewohnheiten von Leuten, die vielleicht gar nicht so viel Jazz hören, dafür aber umso mehr elektronische Clubmusik. Kein Wunder, Francesco Tristano beispielsweise ist auch solo gerne mit Klavier, Laptop und Elektronik unterwegs und lässt live entstehen, was sonst DJs in ihren Studios basteln. Wer sich nicht in Lounge-Stimmung gleiten lässt, der merkt allerdings auch, dass die Musik des luxemburgisch-libanesischen Trios durchaus mal ihre Längen hat (Donnerstag, 24. September, 20 Uhr im Jazzhaus).

Wem es zu schwierig ist, in der Hektik des klassischen Jazz den Improvisationsverläufen zu folgen, der kann sich beim Wasserfuhr-Quartett schön entspannen. Einfache aufgeräumte Strukturen durchziehen das Werk der Brüder Julian (Trompete) und Roman Wasserfuhr (Piano), die im Quartett noch von Benjamin Garcia am Bass und Oliver Rehmann am Schlagzeug begleitet werden. Und natürlich ist der eine oder andere Ausflug in den Pop dabei (Freitag, 25. September, 20 Uhr, Forum Merzhausen).

Auch von Brad Mehldau finden sich in Youtube zu allererst Bearbeitungen der Beatles, von Oasis, Radiohead und anderen Pop-Klassikern. Aber die musikalische Welt des US-Amerikaners ist viel, viel größer. Mehldau hat Jazz studiert und ihn in zahlreichen Stilen und Besetzungen gespielt, er erinnert – auch wenn er selbst Vergleiche hasst – hier mal an Keith Jarrett, dort mal an Bill Evans. Und ja, Mehldau spielt auch Standards – aber da muss man dann drauf gefasst sein, dass "All the Things you Are" als fugen-ähnliches Gebilde daher kommt.

Was eine Reminiszenz an die Klassik sein kann, die in Mehldaus Gemischtwarenladen der Einflüsse ebenfalls erhältlich ist, was aber auch seiner Spieltechnik geschuldet ist – Mehldau spielt in Soli gerne unabhängige Stimmführungen mit linker und rechter Hand. Im Programm des Freiburger Jazzfestivals ist Mehldau der Top-Act, und dem Status wird er klar gerecht (Samstag, 26. September, 20 Uhr im E-Werk).

Weitere Veranstaltungen:
Das Freiburger Jazzfestival beginnt am Samstag, 19. September, ab 20 Uhr mit einem Jazz-Gipfel im Jazzhaus und in diversen Kneipen. Der Film "Desert Inspiration" ist am Montag, 21. September, um 19.30 Uhr im Kommunalen Kino zu sehen. In "To The Dark Side Of The Moon" gibt es am Dienstag, 22. September, um 20 Uhr im E-Werk eine Erzählung von Ray Bradbury zu Pink Floyds Musik, dargeboten von Klavier und Streichquartett. Weitere Veranstaltungen: Mahaphon-Clang (Mittwoch, 23. September, 20 Uhr, E-Werk), Ohropack (Mittwoch, 23. September, 21.30 Uhr, E-Werk), Sarah Buechi (Donnerstag, 24. September, 20.30 Uhr, Schützen), The Contemporary Big Band Project & Freiburger Schüler Jazzorchester (Freitag, 25. September, 20 Uhr, E-Werk), Uferjazz an der Dreisam (Sonntag, 27. September, ab 14 Uhr), Lisa Simone (Sonntag, 27. September, 20 Uhr, Jazzhaus). Weitere Informationen gibt es unter http://www.jazzfestival-freiburg.de Karteninformationen unter www.bz-ticket.de/karten oder unter 0761/4 96 88 88.
Dieser Artikel ist zuerst am 13. September von unserer Sonntagszeitung "Der Sonntag" veröffentlicht worden.
von Jens Kitzler (Der Sonntag)
am So, 13. September 2015 um 01:09 Uhr

Badens beste Erlebnisse